Glück
Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum glücklich sein
Und währe alles Liebste dein.
Solange du nach Verlorenem klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziele mehr, noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz - und deine Seele ruht.
Hermann Hesse
Du bist mein Land,
ich deine Flut,
die sehnend mich ummeeret;
du bist der Strand,
dazu mein Blut
ohn' Ende wiederkehret.
An dich geschmiegt,
mein Spiegel wiegt
das Licht der tausend Sterne;
und leise rollt
dein Muschelgold
in meine Meeresgrundferne.
Christian Morgenstern
Es ist Nacht,
und mein Herz kommt zu Dir,
hält`s nicht aus,
hält`s nicht aus mehr bei mir.
Legt sich Dir auf die Brust,
wie ein Stein,
sinkt hinein,zu dem Deinen hinein.
Dort erst,
dort erst kommt es zur Ruh,
liegt am Grund
seines ewigen DU.
Christian Morgenstern
Ein Teil von mir
In der Tiefe Deiner Augen,
in der Sanftmut Deines Blickes
fühl ich mich wohl;
geborgen - doch nicht bedrängt,
gehalten - doch nicht gefangen,
geliebt - doch nicht eingeengt .
In der Tiefe Deiner Augen
habe ich einst
mich selbst gefunden,
und seither weiß ich,
daß Du ein Teil von mir bist,
der mir vorher gefehlt hat.
(Ira Freyaldenhoven)
Ich liebe Dich
nicht darum, weil Du so bist,
sondern weil ich so bin,
wenn ich bei Dir sein kann.
Ich liebe Dich nicht wegen all dem,
was Du aus Dir gemacht hast,
sondern für das,
was Du aus mir machst.
Ich liebe Dich
um meines besseren ICH willen,
das Du hervorzukehren weißt…
Ich liebe Dich weil Du Hand anlegst an mein übervolles Herz
und alle Leichtfertigkeiten und Schwächen übersiehst,
die man nicht übersehen kann
und dafür alles,
was schön und gut ist, zum Vorschein bringst,
das zu finden kein anderer tief genug geblickt hat…
Ich liebe Dich
weil Du Deine Ohren vor den Mißklängen in mir
verschließt
und stattdessen
durch ehrfürchtiges Lauschen die Musik in mir verstärkst.
Ich liebe Dich, denn Du hilfst mir,
auf dem Bauplatz meines Lebens nicht ein Gasthaus,
sondern einen Tempel zu errichten;
so wie Du mir auch hilfst,
daß meine täglichen Worte nicht Vorwurf,
sondern Gesang sind.
Ich liebe Dich
weil Du mehr zu meinem Glück beigetragen hast,
als es irgendein anderer hätte tun können
und Du tatest es ohne eine Berührung,
ohne ein Wort, ohne ein Zeichen.
Du tatest es einfach dadurch, daß Du Du selbst bist.
Und wahrscheinlich ist es das,
was man unter Freundschaft versteht…
(E.Fried)
Warum
Nicht du
um der Liebe willen
sondern
um deinetwillen
die Liebe
(und auch
um meinetwillen)
Nicht
weil ich lieben
muß
sondern weil ich
DICH
lieben
muß
Vielleicht
weil ich bin
wie ich bin
aber sicher
weil du
bist
wie du bist
Erich Fried
Für Ninon
Daß du bei mir magst weilen,
Wo doch mein Leben dunkel ist
Und draußen Sterne eilen
Und alles voll Gefunkel ist -
Daß du in dem Getriebe
Des Lebens eine Mitte weisst,
Macht dich und deine Liebe
Für mich zum guten Geist.
In meinem Dunkel ahnst du
Den so verborgnen Stern.
Mit deiner Liebe mahnst du
mich an des Lebens süßen Kern.
Hermann Hesse
Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füße kann ich zu dir gehn,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.
Rilke
Ein Liebesgedicht
Ich möchte dir
eine Blume sein,
die es nicht gibt.
Immer schön,
immer duftend
immer frisch.
Jedem Wind und Wetter
zum Trotz.
Doch stehe ich oft da
mit zerzausten Blütenblättern,
lasse meinen Kopf hängen
und werde auch verwelken.
UND DU MAGST MICH SO
(Kristiane Allert-Wybranietz)
Für Einen
Die Andern sind das weite Meer.
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir: kannst ruhig schlafen,
Ich steure immer wieder her.
Denn all die Stürme, die mich trafen,
Sie ließen meine Segel leer.
Die Andern sind das bunte Meer,
Du aber bist der Hafen,
Du bist der Leuchtturm. Letztes Ziel.
Kannst Liebster, ruhig schlafen.
Die Andern ... das ist Wellenspiel,
Du aber bist der Hafen.
(Mascha Kaléko)
Berührung
Dein Lächeln tanzt
mit meinen Mundwinkeln
Entzücken,
und deine Hände legen
sich auf meine Haut
wie ein ganz leichter Vogel,
der sich vor Übermut
in einen Abendtraum verfliegt,
mit Flügeln aus Kerzenlicht.
Hans Kruppa
Nachtlied
Auf deine Brüste zwei Sterne
auf deine Augen zwei Küsse
in der Nacht
unter dem gleichgültigen Himmel
Auf deine Augen zwei Sterne
auf deine Brüste zwei Küsse
in der Nacht
unter den mundlosen Wolken
Unsere Küsse
und unsere Sterne müssen
wir selbst einander geben
unter wetterwendischen Himmeln
oder in einem Zimmer
eines Hauses das steht
vielleicht in einem Land
in dem wir uns wehren müssen
Doch in den Atempausen
dieses Sichtwehrens
Brüste und Augen für uns
Himmel und Sterne und Küsse
[Erich Fried]
Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend
dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe
Blüht jede Weisheit
auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und
darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In and're, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir wollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
(Hermann Hesse)
Liebe ist leise.
Sie preist ihren Wert
nicht an wie ein Händler
seine Waren.
Eher gleicht sie einer Blume
die abseits der
vielbegangenen Wege steht
und märchenhaft aufblüht,
wenn jemand sie mit
den Augen des Herzens sieht.
(H. Kruppa)
„Die Liebenden"
Sieh jene Kraniche in großem Bogen!
Die Wolken, welche ihnen beigegeben
Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen
Aus einem Leben in ein andres Leben
In gleicher Höhe und mit gleicher Eile
Scheinen sie alle beide nur daneben.
Daß so der Kranich mit der Wolke teile
Den schönen Himmel, den sie kurz befliegen
Daß also keines länger hier verweile
Und keines andres sehe als das Wiegen
Des andern in dem Wind, den beide spüren
Die jetzt im Fluge beieinander liegen
So mag der Wind sie in das Nichts entführen
Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben
Solange kann sie beide nichts berühren
Solange kann man sie von jedem Ort vertreiben
Wo Regen drohen oder Schüsse schallen.
So unter Sonn und Monds wenig verschiedenen Scheiben
Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
Wohin ihr? Nirgendhin. Von wem davon? Von allen.
Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen? Seit kurzem.
Und wann werden sie sich trennen? Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt
Bertolt Brecht
Die Liebe
Die liebe
ist eine wilde rose in uns
Sie schlaegt ihre wurzeln
in den augen,
wenn sie dem blick des geliebten begegnen
Sie schlaegt ihre wurzeln
in den wangen,
wenn sie den hauch des geliebten spueren
Sie schlaegt ihre wurzeln
in der haut des armes,
wenn ihn die hand des geliebten beruehrt
Sie schlaegt ihre wurzeln,
waechst wuchert
und eines abends
oder eines morgens
fuehlen wir nur:
sie verlangt raum in uns
Die liebe
ist eine wilde rose in uns,
unerfoerschbar vom verstand
und ihm nicht untertan
Aber der verstand
ist ein messer in uns
Der verstand
ist ein messer in uns,
zu schneiden der rose
durch hundert zweige
einen himmel
Reiner Kunze
Ja
Welt, oh Welt ich muss Dich lieben,
Bist trotz der Wunden schön geblieben,
Jagst durch das All als Diamant,
Gehörst zum göttlichen Bestand.
Ich möchte ganz mich Dir ergeben,
Die Du mir schenktest dieses Leben,
Möcht lernen Eins mit Dir zu sein,
Dich zu schauen ganz und rein.
Will nicht wissen, will nur staunen,
Mein Glück in Deine Meere raunen,
Ich such das Ahnen, nicht das Denken,
Will mich mit Deiner Pracht beschenken.
Ich muß Dich täglich neu erträumen,
In Lust und Leiden überschäumen,
Will Dich als Ganzes nicht ergründen,
Will mich mit Dir als Mensch verbünden.
Ich brauche Dich als Grund und Boden,
Ich fühl Dich walten in den Hoden,
In Adern, Zellen, Nervensträngen,
Will Dich verkünden in Gesängen.
Werd singen laut und glockenklar,
Wie schön Du bist, wie wunderbar,
Ich werd Dir dichtend Tempel baun,
Mich Deiner Schönheit anvertraun.
Und kommt der Tag, an dem ich gehe,
Wenn ich am Himmelstore stehe,
Dann bitt ich Gott mit frischem Mut:
"Erhalt dein Werk, denn es ist gut!"
Mick Zoch, Braunschweig
Was ist Glück?
Man wünscht sich oft ein großes Stück.
Doch manchmal ist‘s ein Kanten Brot,
wenn man lebt in großer Not.
Manchmal sind es schöne Sachen,
oft ein fröhlich Kinderlachen.
Glück, das ist die große Liebe,
wenn sie weckt die schönsten Triebe.
Im Winter ist‘s ein warmes Kleid;
bestimmt ist es Geborgenheit.
Ein schönes Essen kann es sein,
ein Glas von einem guten Wein.
Wenn man Sieger wird beim Sport,
‘ne Wohnung hat an schönem Ort.
Man einen guten Partner findet,
mit ihm eine Familie gründet.
Wenn in der Schule beim Diktat
man eine gute Note hat.
Zum Glück gehört auch Wohlbefinden,
statt in Schmerzen sich zu winden.
Bringt Erfolg die Arbeit dir,
stellt das Glück sich ein auch hier.
Doch Glück das ist auch Sonnenschein,
scheint er dir warm ins Herz hinein.
Ein Streicheln kann dir Glück bereiten,
ein tröstend Wort in schlechten Zeiten.
Bei manchem doch hat Glück nur Sinn,
mit einem großen Geldgewinn.
Das kleine Glück doch ist auch schön,
wenn laue Lüfte dich umwehn,
wenn dich umschmeichelt Rosenduft,
man zärtlich deinen Namen ruft.
In manchem schönen Augenblick
durchströmt dich ein Gefühl von Glück.
Ein Kuß, der kann das Glück dir bringen
und du hörst gleich die Engel singen.
Man kann so oft doch glücklich sein,
es spüren bis in Mark und Bein.
Und wird es dann noch Frieden geben,
was braucht man mehr zum glücklich Leben.
Der Mensch, der braucht zum glücklich werden,
vor allem Frieden hier auf Erden.
Gertraud Pankow, Bernau
Hinter der Haut
Du
morgens mittags nachts
ein anderer
Ich kenne dich
am Spiel deiner Augen
Du lächelst
sprichst und versprichst
Das Wort hinter deiner Haut
hat einen anderen Ton
Man hört ihn nicht
ich höre ihn manchmal
hinter meiner Haut
Rose Ausländer
Eine Welt in der Welt
Es gibt eine Welt
in der Welt,
die ganz anders ist.
In sie hineinzuwachsen,
um mehr und mehr
ein Teil von ihr zu werden,
ist das schönste Bild des Lebens,
das ich mir machen kann -
zu malen mit in den Farben
der Liebe und Verzauberung
auf der Leinwand des Vertrauens.
Hans Kruppa