Mögliche Hintergründe des Nagelkauens Entwicklung und Prägung aus der Kindheit
Das Nagelkauen wurde in den meisten Fällen schon im frühen Kindesalter begonnen.
Konstruktive, wie auch destruktive Verhaltensmuster wurden meist im direkten Umfeld abgeschaut und erlernt.
Ebenso lernen wir von dem sozialen Umfeld und den Eltern Verhaltensmuster im Umgang mit unseren Mitmenschen oder mit unseren Gefühlen.
Auf Grund dessen ist es ebenso nahe liegend, dass das erlernte Verhaltensmuster, einen möglichen Ursprung im erlernten Umgang mit unseren
Gefühlen und deren Ausdrucksmöglichkeiten hat. Das Internet scheint hier eine geeignete Plattform für Berichte für Betroffenen zu sein, welche
im sicheren Rahmen der Anonymität bereitwillig von ihrer persönlichen Situation berichten. Hier werden mögliche Hintergründe, wie schwierige
Familienkonstellationen, geschildert, z. B. Elternstreitereien, Alkoholismus eines Elternteils, angstbesetzte oder ungerechte Bestrafung, oder auch
psychische Traumata in der Kindheit. Das Nagelkauen ist jedoch auch in so genannten „geordneten Verhältnissen“ anzutreffen. Dabei kristallisieren
sich eher Konflikte, wie z. B. ein dominantes Elternteil, strenge Erziehung, oder eine hohe Erwartungshaltung der Familie usw. heraus. Erfahrungen
aus der frühkindlichen Erlebniswelt, im Umgang mit Spielkameraden oder fremden Personen, können dabei ebenso eine Rolle spielen. Gefühle oder
Bedürfnisse zu unterdrücken, kann jedoch auch etwas mit den elterlichen oder Erziehungsmethoden, dem Einfluss von Lehrern, dem vorgelebten
Verhalten oder der Erwartungshaltung des sozialen Umfeldes, zu tun haben. Eltern und wichtige Bezugspersonen im Verwandten und Bekanntenkreis,
sowie Lehrer prägen die Erziehung und sind damit für die seelische Entwicklung des Kindes mit entscheidend. Eine vielleicht etwas übertriebene Strenge,
oder mangelnde Ausdrucksmöglichkeiten für Emotionen oder Bedürfnisse, fordern einen möglicherweise zu engen Entwicklungsrahmen. Dabei werden
positive, wie auch negative Glaubensvorstellungen ge-prägt, die oft bis ins hohe Alter Bestand haben. Häufig besitzen Erwachsene selbst so manche
Überforderung, Unsicherheiten, oder haben ein eher dominantes Auftreten. Gefühlsausbrüche wie Wut, Angst, oder Verlangen werden in manchen Situationen,
von den Eltern oder dem Umfeld nicht geduldet und möglicherweise sogar unter Androhung von Strafe gestellt und somit unterdrückt.
Ein Kind das zu sehr zu „brav sein“, oder zur Zurückhaltung erzogen wurde, wird sich relativ oft dazu veranlasst fühlen, seine wahren Gefühle und Bedürfnisse
zu unterdrücken, da es der Erwartungshaltung der Eltern gerecht werden möchte. So lernt es nur unzureichend, sich im angemessenen Rahmen mitzuteilen,
sein Verlangen zu äußern, oder seine Bedürfnisse durchzusetzen. Mit diesen Voraussetzungen ist es dem Kind kaum möglich ein gesundes und starkes Selbstwertgefühl zu entwickeln und fühlt sich in seiner Erlebniswelt wenig angenommen oder überfordert. Dieses sind nur einige Beispiele für mögliche
Hintergründe oder Ursachen. Die Folge sind aufgestaute Gefühle und Emotionen und wachsende Unsicherheit in bestimmten Situationen, deren Ursprünge
meist nicht mehr Erkannt werden. In Folge dieser inneren Konflikte reagiert der Körper mit innerer Anspannung, welche über das kauen an den Nägeln meist
unbewusst kanalisiert wird. Ritualisierung, Gewohnheit Irgendwo in seinem Umfeld abgeschaut, übernimmt das Kind das Nagelkauen und kultiviert damit
eine Ersatzbefriedigung als Ventil für die auftretende, innere Anspannung. Aus einem meist unbekannten Ursprung hat sich eine Gewöhnung, eine generalisierte Gewohnheit, Ritualisierung, Mechanisierung, Automatisierung, oder einer Konditionierung entwickelt. Eben das Zusammenspiel seelischer , körperlicher und
motorischer Vorgänge durch inneren Reaktionsdruck und erlerntes Verhalten. Dabei kann eine so genannte Generalisierung eine Rolle spielen. Das heißt, dass das Bedürfnis, im Lauf der Zeit, bei immer kleineren Anlässen auftritt und die ursprünglichen Gründe oder Auslöser nicht mehr erinnert werden. Wird man sich dieser
Rituale oder Mechanismen bewusst und versteht die Motorik welche diese nährt, ist man auch in der Lage unerwünschtes Verhalten im vollen Bewusstsein
zu ändern. Prägung So manche unangenehme Erfahrung aus der Kindheit hinterlässt eine mehr oder weniger intensive Prägung im Unterbewusstsein,
in Form eines „schlechten Gefühls“. Dieses Gefühl stellt eine Art Frühwarnsystem unseres Unterbewusstseins dar. (mehr dazu im Kapitel Unterbewusstsein)
Auch im Erwachsenenalter werden, bei entsprechenden Impulsen aus der Umwelt, diese assoziative Verbindungen, Generalisierungen, Ritualisierung, Automati-sierungen oder Konditionierungen aktiviert und unser Verhalten beeinflusst. Umso mehr destruktive Prägungen aus den Kindheitserfahrungen im Unterbewusstsein abgespeichert sind, umso häufiger das Gefühl der Unsicherheit oder Angst in bestimmten Situationen. Diese Gefühle können die Ursachen für weiteren seelischen Stress darstellen, welche die innere Anspannung zunehmend nährt. Daher macht es Sinn sich mögliche Prägungen näher anzuschauen und bewusst zumachen.
Suchtverhalten Wie wir bereits festgestellt haben, dient das Nagelkauen dem Ausgleich, bzw. dem Abbau innerer Anspannung, die meist mit einem unwohlen
oder schlechten Gefühl verbunden ist. Das beißen an den Nägeln oder der Nagelhaut, hat also auch einen beruhigenden Effekt, der in manchen Fällen, und nicht nur bei Kindern, eine Trance ähnlichen Zustand herbeiführen kann. Mit dieser Beruhigung ist meist eine gewisse Erleichterung und damit auch ein besseres Gefühl verbunden. Damit ist es nahe liegend, dass auch körperchemische Prozesse beteiligt sind. Jedoch gerade diese Beruhigung oder Stimmungsverbesserung durch das Nagelkauen hält diesen eigentlich unerwünschten Mechanismus aufrecht und führt zu einem suchtähnlichen Verhalten. Daraus ergeben sich weitere Ansatzpunkte, nämlich konstruktive Alternativen zur Beruhigung und Endspannung, um zu einem besseren Gefühl zu gelangen und sinnvolle Ausgleichshandlungen zur Überbrückung des Gewonheitsverhaltens, bzw. Belastungstraining, um zu lernen dem Reaktionsdruck auszuhalten. (Dazu mehr im Kapitel -Hilfsmittel) Symtomverschiebung Das Nagelkauen, hat sozusagen als „Beruhigungsmittel“, den durchaus nützlichen, wenn auch destruktiven Zweck, die innere Anspannung zu kanalisieren. Aufgestauten Energien, streben auf die eine oder andere Art, nach Entladung. Wird das Beißen an den Nägeln verboten oder verhindert, ohne deren Hintergründe zu beleuchten oder zu beheben, bzw. die Ursache zu beseitigen, oder eine konstruktive Kanalisierung anzubieten, kommt es meist zu einer so genannten Symtomverschiebung, welche sich durch Verlagerung in anderen Verhaltensauffälligkeiten zeigen kann.
Symptomverstärkung Gibt auch noch das Nagelbeißen Grund zur Schimpfe (beim Kind) oder zur Kritik (beim Erwachsenen), wird der emotionale Konflikt und dadurch der seelische Stress, umso mehr verstärkt, und damit auch der Reaktionsdruck zum Nagelkauen.